Tokio, 1. Dezember 2008 -- Im Buch "Prinzipien und Praktiken des Sport-Management" schätzt Professorin Lisa P. Masteralexis von der Universität von Massachusetts die Karriere eines professionellen Athleten auf weniger als 5 Jahre. Offensichtlich hat der holländische Kickboxer Peter Aerts das Buch nicht gelesen.
Peter Aerts, 38, hat an jedem einzelnen K-1 World Grand Prix Finale teilgenommen, was bei der 16jährigen Geschichte des Sports einer glorreichen Karrierelänge entpsricht. Der "Dutch Lumberjack" wurde in der Zeit drei Mal Champion und in Yokohama am 6. Dezember wird er danach streben, dies noch einmal zu schaffen. Unglaublich ist, dass Aerts in dieses aufreibende Acht-Mann-Eliminierungsturnier nicht als nostalgische Ikone kommt, sondern als der klare Favorit -- eine Position, die er mit einem Sieg über den amtierenden Champion Semmy Schilt am 27. September beim "Final16"-Turnier in Seoul zementierte.
Das K-1 World Grand Prix Finale ist die prestigeträchtigste Kampfsportveranstaltung des Jahres. Nach 12 Monaten voller Qualifikations- und regionaler Eliminierungsturniere findest es am Jahresende statt, wenn sich die ebsten acht Kämpfer des Jahres in vier Viertelfinalbegegnungen gegenüber stehen. Die Gewinner der Kämpfe rücken in die Halbfinalkämpfe vor und deren Sieger treffen im finalen Showdown aufeinander. Alles an einem Abend und der Sieger ist der neue K-1 World Grand Prix Champion.
Bevor die Veranstaltung beginnt -- sie wird live auf 5 Kontinenten zu sehen sein -- umkreisen wir jedoch zunächst den Globus um die Vorhersagen der internationalen Sport-Journalisten und K-1 Experten zu bekommen.
Im ersten Viertelfinale trifft Peter Aerts auf den K-1 Schwergewichts-Champion Badr Hari. Viele glauben, Aerts' schwerste Herausforderung an diesem Abend wird es sein, den 23jährigen marokkanischen Dynamo zu bezwingen.
"Der erste Kampf wird für das Turnier ausschlaggebend sein", sagt Jeroen Winters von Hollands MAT Magazine. "Aber der 'alte Meister' Aerts ist in großartiger Form und wird niemals zulassen, dass ein 'Newcomer' wie Hari von seinem 4. Titel abhält."
"Der Favorit ist ganz klar Peter Aerts", sagt Alexis DelCastillo von Spaniens K-1Fans. "Aerts war der einzige, der Semmy Schilt besiegen konnte und er ist wieder einmal an einem der besten Momente seiner Karriere angelangt."
"Peter Aerts hat eine 80%-Chance gegen Hari zu gewinnen", sagt Kasra Ashhami von K-1 Scandinavia. "Aerts ist zu erfahren, schwer und stark für Hari, der ein aufstrebender Kämpfer ist und der CHampion von Morgen sein könnte, aber immernoch nicht kräftig und schwer genug ist, um einen Gegner wie Aerts heute zu besiegen. Wenn Peter nach dem Halbfinale nicht verletzt ist, wird er den Grand Prix zum 4. Mal gewinnen!"
"Den amtierenden Champion Semmy Schilt aus dem Turnier zu werfen ist eine der Top-Storys des Kampfsports in diesem Jahr", sagt der aus Kalifornien stammende 'Webmaster Gumby' von Brasiliens 'On The Mat'. "Wenn Peter Aerts es dieses Jahr schafft, das K-1 Finale zu gewinnen, würde ihn das wahrhaft zu einer Legende machen". Ähnlich denkt auch der brasilianische Sport-Journalist Marcelo Estrella, der vorhersagt, dass Aerts Hari durch KO schlagen wird und dann ebenfalls das Finale durch KO gewinnt.
Die Konzentration von Talent im ersten Viertelfinale wurde in vielen Expertenvorhersagen betont und von Haris' Abschneiden als Zweiter in der Umfrage unterstrichen.
"Wie Hari selbst anmerkte, hat er die 'beste Ausgangsposition' für die Meisterschaft in diesem Jahr, zumindest, wenn er Peter Aerts aus dem Weg räumen kann", sagt Jens Habermann von Deutschlands K-1sport.de "Obwohl Aerts Erfahrung und Stärke auf seiner Seite hat, entscheide ich mich für Hari, da er die überzeugenderen Kämpfe (mit KO-Siegen über Feitosa und Sefo) in diesem Jahr ablieferte, jung ist und eine überragenden Technik besitzt. Ich schätze, dass Hari dieses Jahr den Durchmarsch schaffen wird."
Marko Gyllenland, Chefredakteur bei Schwedens 'Fighter Magazine' ist derselben Meinung: "Hari hat sich als Kämpfer weiter entwickelt, er kann diesen Kampf [gegen Aerts] nach Punkten gewinnen und dann weitermachen und die ganze Meisterschaft gewinnen."
Takao Matsui, der für das Kampfsport-Magazin 'Kakutogi Tsushin' schreibt, ist einer von vielen japanischen Sport-Journalisten, der auf den Marokkaner setzt: "Hari's Geschwindigkeit, Technik und Aggressivität sind seine Waffen", sagt Matsui. "Ich glaube, er wird Aerts besiegen und dann weitermachen und der neue Champion werden."
Im zweiten Halbfinale tritt der 22jährige Surinam-Niederländer und Kickboxer Errol Zimmerman gegen den 26jährigen Kyokushin-Karateka Ewerton Teixeira aus Brasilien an. Die meisten Experten haben Zimmerman bei diesem Duell vorne und obwohl niemand meint, dass es einer der beiden dieses Jahr schaffen könnte, wählt Gyllenland Zimmerman als Geheim-Favorit, während Stuart Tonkin von Japans Kakutogi-Webseite und der australische K-1-TV-Kommentator Michael Schiavello Teixeira als Geheimtipp sehen.
Der nächste Kampf wird ein Duell zweier, aggressiver Kickboxer -- Gokhan Saki aus der Türkei und Ruslan Karaev aus Russland.
"Ich wäre nicht überrascht zu sehen, dass Karaev überraschend Turniersieger wird", sagt Andreas Bruzelius, der ebenfalls für Schwedens 'Fighter Magazine' schreibt. "Dieses Jahr war für Karaev erstaunlich, er nimmt immernoch viele Risiken auf sich und bleibt dabei manchmal ohne Deckung stehen, aber sein Timing und seine Präzision sind besser denn je und mit der Schlagkraft in seinen Fäusten wird er schwer zu stoppen sein."
Karaev gilt auch als Geheimfavorit von Ashhami.
Saki, auf der anderen Seite, hat die Vorstellung unserer Experten angeregt. Del Castillo, Winters und Mark "Hammer" Castagnini vom australischen 'International Kickboxer Magazine' wählen alle Saki als ihren Geheimtipp. Während Fred Varcoe von Japans "Metropolix Magazine' den Chancen des jungen Türken sogar noch mehr Gewicht beimisst.
"Saki kämpft um zu gewinnen", sagt Varcoe. "Karaev ist gut darin, Treffer wegzustecken, aber es gibt Grenzen. Ich denke, Saki wird das Turnier gewinnen, er scheint einfach zuviel Kampfkraft zu besitzen: er hat das Talent, die Konzentration, die Leidenschaft, die taktische Rafinesse und den KO-Punch."
Das letzte Viertelfinale beinhaltet den zweimaligen K-1 World GP Champion Remy Bonjasky aus Holland und den französischen veteran Jerome LeBanner. Nach Aerts und Hari schlossen Bonjasky und Le Banner bei unserer Expertenbefragung am besten ab, was diesen Kampf zu einer weiteren kritischen Auseinandersetzung des Turniers macht.
"Das ist Remys Kampf", sagt Schiavello. "Er hat zuviele Möglichkeiten, er ist zu schnell und sein Kampftempo zu hoch. Macht euch darauf gefasst, dass Bonjasky LeBanner auspunktet. Er hat eine neues Augenmerk auf sein Kämpferleben gerichtet und die Zutaten für den Erfolg sind alle vorhanden: körperlich in Form, geistig bereit und eine neue sexy Freundin an seine Schulter gelehnt, über der der "World Grand Prix"-Gürtel hängt! Er verliert fast nie, seine Verteidigung ist besser als Fort Knox, er bewegt sich wie ein Mittelgewichtler und sein Kampftempo ist höher als das von jedem anderen unter den besten Acht. Der Gewinner des Grand Prixs wird Remy Bonjasky."
"Bonjasky hat ein ums andere Mal bewiesen, dass es fast unmöglich ist ihn zu verletzen -- außer man sieht es auf die Kronjuwelen ab", sagt Tonkin. "Er schafft es außerdem nahezu jeden Kampf nach Punkten für sich zu entscheiden. Wenn es Le Banner nicht schafft ihn frühzeitig auszuschalten, wird es sehr schwer ihn zu bezwingen."
"Bonjasky hat den kürzlichen Einbruch überwunden und sollte Le Banner besiegen können", sagt Tim Leidecker von Deutschlands GroundAndPound. "Ich denke Bonjasky und Aerts sind bereit, sich im Finale zu treffen, wobei der 'Flying Gentleman' seine Revanche für das Halbfinal-Aus durch Peter Aerts im Vorjahr bekommen und sein drittes K-1 World Grand Prix Finale gewinnen wird."
Castagnini sieht das anders: "Le Banner ist sehr hungrig und aggressiv und Bonjasky's kürzliche Leistungen in Betracht ziehend sollte Le Banner zu stark sein. Könnte das Jeromes Jahr werden?"
Glaubt man Brice Hoarau vom französischen MuayThaiTV, ist es das definitiv: "Ich denke, es könnte 'Le Banner Time' sein! Nicht weil er der bessere Kämpfer ist, nicht weil er mehr Kraft hat, nicht weil er mehr Talent hat -- denn objektiv betrachtet ist Bonjasky der beste Techniker im Turnier. Es wird nur deshalb 'Le Banner Time' sein, weil er es mehr will! In Aerts' Turnierhälfte sehe ich den Finalisten nicht zwei Kämpfe ohne Verletzungen überstehen, aber wenn Le Banner im Finale kämpfen sollte, wird er 130% geben! Sein eisener Wille wird ihn dieses Jahr zum Sieg führen!"
Und da haben wir es. Offensichtliche Unterstützung für Hari, Bonjasky und Le Banner, aber eine klare Mehrheit sagt voraus, dass der unermüdliche Veteran Peter Aerts eine Schneise durch das Turnier schlagen und den Sieg beim K-1 World Grand Prix Finale 2008 davontragen wird.
Auch für Aerts spricht eine noch laufende Fanbefragung auf der offiziellen, japanischen K-1 Webseite. Beim Verfassen des Berichts hatten satte 47% für einen Sieg von Aerts gestimmt, während Bonjasky, Le Banner und Hari jeweils 13-15% für sich verbuchen konnten. Die anderen vier Hoffnungsvollen teilten sich die verbliebenen 10 Prozent.
Aber egal wieviele Sport-Journalisten oder tausende von Fans glauben, dass Aerts den K-1 World Grand Prix gewinnen wird; es verbleiben immer sieben Männer, die eine ganz andere Meinung dazu haben. Und in der Yokohama Arena am 6. Dezember werden diese sieben Männer ihre Boxhandschuhe zusammenschnüren und in den Ring treten, überzeugt davon, einer Menge von Leuten zu beweisen, dass sie Unrecht hatten.
Wie immer gibt es die komplette Berichterstattung zum K-1 World Grand Prix Finale bei K-1sport.de und auf der offiziellen K-1 Webseite (www.k-1.co.jp/k-1gp).